Ach, da sind Sie ja schon, das ist gerade etwas unpassend. Nein, keine Sorge, ich habe unseren Termin nicht vergessen. Aber, wissen Sie was? Ich hocke gerade in einem Loch. Na, hilft ja nichts, dann müssen Sie einfach erstmal mit reinkommen. Das passt schon, Sie wollen mich ja eh kennen lernen, nicht wahr? Das tun Sie dann gleich richtig, denn mein Loch gehört zu mir. Was wollten Sie noch mal schreiben? Eine Reportage über eine Frau, die nochmal durchstartet? Na, dann fangen wir doch einfach ganz unten an – hereinspaziert und herzlich willkommen in meinem Loch.
Wie Sie sehen, ist es hier nicht wirklich gemütlich, aber ich schätze, das gilt für alle Löcher, in die wir Menschen so rutschen können. Hier gibt es kein Sofa, keine Bücherregale, keine hübschen Bilder an der Wand. Nur Grau. Aber, keine Sorge, hier bleiben wir nicht, ich war sowieso gerade dabei, wieder herauszuklettern. Ewig sollte man nämlich in so einem Loch nicht hocken, das schlägt aufs Gemüt, macht Falten und auf Dauer wirklich unglücklich. Jetzt, wo Sie hier sind, ist es auch viel leichter. Also, folgen Sie mir bitte, hier geht’s hoch. Der Aufstieg ist ein bisschen steil, geht das? Warten Sie ich helfe Ihnen. Schauen Sie, da oben wird es schon heller…
So, wir haben es geschafft! Na dann setzen Sie sich doch erstmal, möchten Sie vielleicht etwas zu trinken? Ein Tee ist doch immer gut, vor allem wenn man gerade ganz unten war, ist schön warm und tröstet. Ich mach uns einfach eine Kanne. Derweilen kann ich mich ja schon einmal offiziell vorstellen: Ich bin Tania Konnerth, Buchautorin, Bloggerin und Unternehmerin. Ich bin gerade 50 geworden (auch so ein Thema…) und bin gerade dabei, mir nun endlich meinen Lebenstraum zu verwirklichen: nämlich Schriftstellerin zu sein.
Das ist seltsam, finden Sie, da ich doch bereits zwanzig Bücher veröffentlicht habe? Aber genau das ist ja der Knackpunkt! Ich wollte schon immer Schriftstellerin werden, aber ich habe mich das nie getraut. Als Kind nicht, weil ich ein Kind war und jeder weiß, dass Kinderträume doch nur Phantasie sind. Nach dem Studium nicht, weil ich was „Richtiges“ machen wollte, denn das wurde von mir erwartet, wofür habe ich schließlich studiert? Als ich dann schon erfolgreiche Unternehmerin war nicht, weil mir Sachbücher sicherer, sinnvoller und vor allem vernünftiger erschienen. Als Sachbuchautorin dann nicht mehr, weil man mir gesagt hat, dass man nicht einfach das Genre wechseln kann, da würde man keinen Verlag finden und, Sie wissen schon, Schuster bleib bei Deinen Leisten und so weiter …
Sicher haben Sie auch schon davon gelesen, dass man tun soll, was einen glücklich macht, denn nur so kann man ein erfülltes Leben führen. Können Sie auch bei mir nachlesen, hab‘ ja selbst schon vielfach drüber geschrieben. Weil es stimmt, davon bin ich fest überzeugt. Und ein gutes Stück weit habe ich auch immer danach gelebt: Immerhin habe ich mir eine Selbstständigkeit aufgebaut, bei der ich den ganzen Tag mache, was ich am besten kann: nämlich schreiben. Allerdings erkennt man manchmal nicht, dass man nur glaubt das zu tun, was man wirklich tun will und sich dabei ganz schön selbst belügt. Ich bin mir meiner Sachtextschreiberei, so viel Spaß sie mir gemacht hat, immer auch einen faulen Kompromiss mit mir selbst eingegangen und habe mich für die vernünftige Version des Schreibens entschieden: Ich habe mich davor gedrückt, den unsicheren Künstlerweg einer Schriftstellerin zu wählen (das, was ich aber eben immer wollte), sondern ich habe mich für den rational gut begründbaren Weg des Schreibens von Sachtexten entschieden, der mir mit meinen Webseiten, Selbstlernkursen und Sachbüchern dann auch eine ordentliche Portion Freude, Erfolg und Geld eingebracht hat.
Geld ist natürlich nicht alles, aber es ist auch nicht ganz unwichtig – fragen Sie mal den Buchhalter in mir! Und Sie können sich vorstellen, was mein innerer Buchhalter davon hält, dass ich nun Sachbücher ablehne, weil ich endlich Schriftstellerin werden will … Dieser innere Buchhalter ist ein mächtiger Mann und übrigens auch der, der mich immer wieder ins Loch schubst, ja, genau das, in dem Sie mich vorhin vorgefunden haben. Dazu schickt er dann noch die Angst runter, die mich anfleht, doch vernünftig zu sein. Und den Kritiker natürlich, der mir gleich mal bestätigt, dass ich zwar einigermaßen gut im Schreiben von Sachtexten bin, aber als Schriftstellerin eine absolute Niete. Der innere Buchhalter will nämlich, dass ich da unten endlich wieder zur Vernunft komme und wieder Sachbücher schreibe.
Mach ich aber nicht. Weil ich Kompromisse satt habe. Weil ich mit jeder Faser spüre, dass es in mir ist, Menschen mit Geschichten zu berühren und zu begeistern. Weil ich nicht nochmal vierzig Jahre warten will, dass ich dann, wenn ich alt und grau bin irgendwann endlich meine Geschichten und Romane schreiben kann. Weil das Leben kurz ist und schneller vorbei geht, als man sich das so vorstellt. Weil ich endlich mit meinen Büchern in der Buchhandlung bei den Schriftstellern liegen will, Sie wissen schon, die Stapel mit den wunderschönen Covern und zauberhaften Titeln, darunter Spiegelbestseller und verfilmte Bücher, … hach, da komme ich ins Träumen …, wobei ich eben genau nicht mehr träumen will, oh nein! Ich will das! Ich will auch so einen Stapel. Deshalb mache ich mich jetzt endlich auf den Weg, dieses Mal im vollen Ernst. Und, wissen Sie was? Ich habe mir selbst das Versprechen gegeben, das zu tun.
Wer mich kennt, weiß, dass ich Versprechen sehr ernst nehme. Deshalb habe ich mir dieses Versprechen bisher auch nicht geben können, denn ich wusste, dass ich den Mut nicht haben würde, es einzulösen. Aber das ist nun anders. Ich habe es mir nun gegeben, das Versprechen mich endlich, endlich Schriftstellerin sein zu lassen. Denn es ist tatsächlich nur ein „mich sein lassen“, kein „werden wollen“. Ich bin es schon lange. Ich habe es in mir. Ich kann es. Damit bin ich endlich auf meinem Weg und jetzt werden mich keine Löcher, keine inneren Buchhalter und auch meine Angst nicht mehr von diesem Weg abbringen können.
So, das können Sie gerne schreiben über eine Frau, die mit 50 nochmal neu durchstartet. Vielleicht interessiert es ja den einen oder die andere Ihrer Leser/innen.
Jaaa, juhu, wie wunderbar!!! Ich liebe ja Heldengeschichten und so fangen die definitiv an. ✨
Ja, du bist es bereits, du hast es in dir. Deine Zeilen berühren und bewegen. Mich zumindest. 😉
Bitte bitte weiter schriftstellern!
Seeehr gern, ich bin dabei! Ganz lieben Dank!
Tania
Berührend, inspirierend…spricht mich total an!
Das freut mich sehr!
Lieber Gruß,
Tania
Wow, wie inspirierend. Ich nehme den Satz „mich Schriftstellerin sein lassen, da ich es schon bin“, für mich mit. Danke dafür. Nicole (45, auf dem Weg zum neu durchstarten!)
Das freut mich sehr – inspirierend zu sein und dass auch Du auf dem Weg zum Durchstarten bist! Auf geht’s!!!
Herzlich,
Tania
Go, Tania go !
Ganz lieben Dank, Inga!
Mach ich! 🙂
Vielversprechend, liebe Tania ich freue mich!
LOVE, Erika
Ganz herzlichen Dank, Erika!
Liebe Grüße, Tania
Der Weg des “ so Werdens “ wie wir eigentlich sind, erfordert oft viel Mut.
Toll, dass Du diesen Mut hast! Ich wünsche Dir alles erdenklich Gute für
diesen Weg! Bleib zuversichtlich und sei liebevoll zu Dir.
Vera
Liebe Vera,
ja, das stimmt, es braucht eine große Portion Mut, immer wieder neu.
Ganz herzlichen Dank für Deine Zeilen,
Tania
Hammer!, cool, umwerfend, genial… liebe Tania, das wird super. Ich zweifle keinen Moment! Du bist DIE Schriftstellerin der Gegenwart. Ziehe immer jeder Zeile von dir in mich rein wie… ja wie denn?… für diese Art von Intensität und Freude muss erst noch ein Begriff erschaffen werden! Hast du einen???
Herzgruss Diana
Hui, ganz, ganz lieben Dank, Diana, was für ein Feedback!
Und den Begriff muss ich erstmal schuldig bleiben, fürchte ich, das zu formulieren überlasse ich dann doch lieber Euch Lesern/innen 🙂
Alles Liebe,
Tania